Georg Quedens und das Haus des Gastes
31. Juli 2023
31. Juli 2023
Fotos aus dem Jahr 2023
eine Skizze zur Instandsetzung mit dezentem Anbau
Sucht man in den Amrum News nach Berichten über das Haus des Gastes, dann findet man fast nur Artikel, die das Thema aus der Sicht der Gemeinde beleuchten. Eine Ausnahme stellt Georg Quedens‘ Artikel aus dem Jahr 2020 dar, in dem er die Geschichte der historischen Villa aufarbeitet.
Haben wir uns bei der ersten Lektüre noch darüber gewundert — und später dann sogar geärgert! — dass Quedens in seinem Text keine Position zum Abriss eingenommen hat, so holt er das im Sommer 2023 in beeindruckender Manier nach.
Zuerst werden Sie vielleicht fragen: Wer ist Georg Quedens? Nun, mit der Bezeichnung „Amrumer Urgestein“ ist der Forscher, Fotograf, Autor und Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande vielleicht ganz gut beschrieben. Wenn Sie mehr wissen wollen, dann lesen Sie seinen Eintrag bei Wikipedia. Weit mehr erfährt man über ihn in einem Interview aus dem Jahr 2013.
Was Georg Quedens da im Winter 2020 aufgeschrieben hat, ist eine Art Nachschlagewerk für die Geschichte des Nebeler Haus des Gastes. Amrum News veröffentlichte seinen lesenswerten Artikel im Februar 2020 (In Nebel – ein historisches Gebäude vor dem Ende).
Damals war der Abriss bereits geplant und wir hofften, dazu eine Position in dem Artikel von Georg Quedens zu finden. Vergebens — und wir haben das bemängelt (siehe rote Markierungen im Screenshot).
Quedens‘ einziger Satz zu den Plänen der Gemeinde lautete:
Nun stehen Abriss und Neubau an, und da von Denkmalschutz offenbar keine Rede ist, stehen Gemeinderat und Architekten vor der schwierigen Aufgabe, in einem Neubau die Tradition des “Sanatoriums” und dessen Bedeutung für die Geschichte des Dorfes zu berücksichtigen.
Das war wenig — und wir waren wahrlich nicht zufrieden mit seinem Schweigen. Wenn ein heimatverbundener Mann mit einem so starken Bezug zur Insel sich nicht äußert, ja wer dann?
Nach dem Bericht im NDR-Fernsehen vom selben Tag griff Georg Quedens in die Tasten seiner Schreibmaschine. Er verfasste einen „Seherbrief“ an die NDR-Redaktion. Hier bezieht er nun Stellung, dass es eine Freude ist. Den Brief übermittelte er der Nebeler Initiative zur Rettung des Haus des Gastes, die ihn veröffentlichte.
Georg Quedens schreibt Klartext. Er bemängelt, dass die Gemeinde das Gebäude bewusst verfallen lässt („Herunterwohnen der Gemeinde-und Kurverwaltung […] um den Abbruch zu beründen“). Er bezeichnet das als Skandal.
Zudem schreibt Quedens zum Entwurf des Neubaus:
Der Neubau hat eine große Ähnlichkeit mit einem Tomatentreibhaus in Andalusien, und das im „Friesendorf“ Nebel, das für seine inselgerechte Architektur bei Neubauten und der Renovierung bei Altbauten berühmt ist!
Sowohl Einheimische wie auch eingewanderte Auswärts-Amrumer bemühen sich seit Jahrzehnten um einen inselgerechten Friesenstil — und ausgerechnet die Gemeinde setzt so einen Flachdachkasten hinein in das historische Dorf.
Das sind eindeutige und starke Worte — und so etwas ist auf Amrum nicht bei allen beliebt. Wir mussten das nach unserem Artikel Fake News in Nebel selbst erleben. Vielleicht verzeihen die AmrumerInnen ja aber einem Amrumer Urgestein seine deutliche Sprache eher als Zugereisten oder gar Auswärtigen? Vielleicht verstehen und akzeptieren Sie Georg Quedens Ansichten sogar — denn er ist unzweifelhaft eine prominente Stimme mit viel Sachverstand.
Einen Tag nach dem Brief an den NDR schrieb Georg Quedens auch an „die Kurfürsten“. Wieder werden Sie die Frage stellen: Wer ist das? Liane und Manfred Kurfürst sind ein Amrumer Ehepaar, dass sich in der Nebeler AktivistInnengruppe für den Erhalt des Haus des Gastes engagiert. Auch dieser Brief wurde veröffentlicht.
Georg Quedens bedankt sich für das Engagement „gegen die Jahrhundertschande der Gemeindevertretung von Nebel“. Er weist aber auch auf ein großes Problem hin:
Ich hoffe, dass Sie auch von anderen Insulanern Zuspruch bekommen haben, aber in der Regel scheuen sich die Amrumer, sich öffentlich zu engagieren.
Es ist Georg Quedens‘ Schreiben deutlich anzumerken, wie gerne er selbst sich mehr eingebracht hätte. Seine Worte dazu sind ergreifend:
Leider ist mit mir selbst kein Staat mehr zu machen. Ich werde im nächsten Jahr 90 und der Friedhof ist nahe. Es ist aber ein gutes Gefühl zu wissen, dass es unverändert Leute gibt, die sich um die kulturellen Belange der Insel bemühen. Bitte weitermachen und nochmals herzliche Dank!
Ob diese Worte bei den AmrumerInnen ebenso viel Eindruck hinterlassen, wie bei uns?
In Nebel wird ein Bürgerbegehren durchgeführt werden. Hieran können nur Nebeler BürgerInnen teilnehmen.
Georg Quedens ist eine bekannte Persönlichkeit auf Amrum. In den Amrum News wurde ein Artikel von ihm aus dem Jahr 2020 veröffentlicht, der sich mit der Geschichte des Hauses befasst. Eine Position zum geplanten Abriss bezieht Georg Quedens damals bedauerlicherweise nicht. Allerdings hat er das 2023 in aller Deutlichkeit nachgeholt.