So kann man auch Denkmalschutz betreiben

Editorial: Frank JermannEs sind erfreu­li­che Nach­rich­ten: Der Ver­band Deut­scher Kunst­his­to­ri­ker e. V. hat das Bacha­ra­cher Gerb­haus Ende August 2021 in sei­ne Lis­te gefähr­de­ter Bau­ten auf­ge­nom­men. Damit gewinnt die­ses — auch vom Denk­mal­schutz! — seit 2005 ver­nach­läs­sig­te Denk­mal eine wei­te­re mäch­ti­ge Stim­me für sei­nen Erhalt. Um das zu errei­chen, war es für uns als IRHB wich­tig, dass wir mit unse­rem Stand­punkt ande­re über­zeu­gen und als Part­ner gewin­nen kön­nen. Das ist uns hier gelun­gen — aber war­um sind sol­che auf­wän­di­gen Bemü­hun­gen über­haupt notwendig?

Das Gesamt­bild ist kom­plex und viel­schich­tig. Betrach­ten wir ein­mal die wich­tigs­ten Details:

  • Ein ver­nach­läs­sig­tes Denkmal,
  • ver­sa­gen­de Behörden,
  • Schwei­gen sei­tens der Landespolitik,
  • kein poli­ti­scher Wil­le auf Kreisebene,
  • kein ernst­haf­tes Enga­ge­ment der Stadt.

Tja, da steht die­se ein­fa­che Fra­ge ein wenig hilf­los und ver­las­sen im Raum:

War­um sind die Bemü­hun­gen der Zivil­ge­sell­schaft zum Erhalt die­ses Denk­mals über­haupt notwendig?

Editorial: Frank Jermann, 5. September 2021 (Detail des Bacharacher Gerbhauses)Schau­en wir uns die Betei­lig­ten an, so erken­nen wir schnell Unter­schie­de: Auf Sei­ten der Ver­ant­wort­li­chen ent­de­cken wir behörd­li­che und poli­ti­sche Spie­ler mit „lan­gem Atem“, wäh­rend die Unter­stüt­ze­rIn­nen des Gerb­hau­ses aus der Zivil­ge­sell­schaft kom­men. Anders aus­ge­drückt: Wäh­rend die einen ihren Lebens­un­ter­halt damit ver­die­nen, sich um Denk­ma­le zu küm­mern, set­zen die ande­ren Frei­zeit und pri­va­tes Geld ein, um auf die Miss­stän­de hinzuweisen.

Noch zuge­spitz­ter formuliert:

Die Zivil­ge­sell­schaft finan­ziert mit Steu­ern und Abga­ben den Denk­mal­schutz, die Ver­wal­tungs­struk­tu­ren und die Par­la­men­te — muss aber mit immensem zeit­li­chen und finan­zi­el­len Auf­wand dar­auf hin­wei­sen, dass die­se von ihr bezahl­ten Orga­ni­sa­tio­nen ihrer Arbeit nicht nachkommen.

Der Fall des Bacha­ra­cher Gerb­hau­ses zeigt die­se Absur­di­tät deut­lich auf.

Einfach weiter so?

Wir haben kei­nen Zwei­fel dar­an, dass mit die­sem Bacha­ra­cher Denk­mal nicht nur falsch, son­dern min­des­tens fahr­läs­sig umge­gan­gen wur­de und wird. Die von uns ver­fass­te und ver­öf­fent­lich­te Doku­men­ta­ti­on „Akte Gerb­haus“ belegt anhand der Denk­mal­ak­te die schwe­ren Ver­säum­nis­se der Behör­den. Der Sach­ver­halt ist eindeutig.

All das hilft aber nicht, wenn die Betei­lig­ten ein­fach wei­ter­ma­chen wie bis­her — und so sieht es zur Zeit immer noch aus. Ein „wei­ter so“ kann und darf aber nicht sein. Die­ser Fall muss Fol­gen haben — sowohl kurz­fris­ti­ge für das Gerb­haus, als auch all­ge­mein für das Vor­ge­hen der Denkmalschutzbehörden.

Editorial: Frank Jermann, 5. September 2021 (Detail des Bacharacher Gerbhauses)Offen­bar rei­chen aber weder die bis­he­ri­gen Ver­öf­fent­li­chun­gen noch die kla­ren Fak­ten aus (sie­he: Inter­view mit Hart­mut Fischer vom Rhei­ni­schen Ver­ein).  Es gibt bis­her nicht ein Zei­chen, dass die Behör­den nun end­lich ihre Arbeit erle­di­gen. Dabei wäre es doch ein Schritt in die rich­ti­ge Rich­tung, wenn sich die Unte­re Denk­mal­schutz­be­hör­de oder eine ande­re ver­ant­wort­li­che Stel­le ein­fach mal bei uns mel­de­te und den Stand mitteilte.

Das pas­siert jedoch seit Mona­ten nicht. Statt des­sen müs­sen wir uns von der rhein­land-pfäl­zi­schen Lan­des­kon­ser­va­to­rin in einem Tele­fo­nat — natür­lich haben wir dort ange­ru­fen, nicht umge­kehrt — fra­gen las­sen, ob die IRHB ein ein­ge­tra­ge­ner Ver­ein ist.

So kann man auch Denk­mal­schutz betreiben.