Am 22. Mai 2021 berichtete die Allgemeine Zeitung über den Fall des Bacharacher Gerbhauses. Aus dem Artikel ergeben sich interessante Einblicke, aber auch unbegreifliche Positionen, die zur Verwunderung, ja sogar zu einer gewissen Verwirrung Anlass geben.
So können wir lernen, dass das Gerbhaus bereits seit dem Frühjahr 2016 oft Thema im Bacharacher Stadtrat war. Warum in nunmehr mehr als fünf Jahren keine Abhilfe geschaffen wurde, darüber vermittelt der Artikel keine Klarheit. Vielmehr stiften der Stadtbeigeordnete Gunter Pilger und die Stadtplanerin Anita Broghammer-Conrads Verwirrung, wenn sie sich so äußern:
„Die Aussage, dass notwendige Maßnahmen wie Ersatzvornahme, Begehung und so weiter nicht stattgefunden hätten, ist schlicht und einfach falsch.“ Liest man diese Aussage, dann könnte man meinen, dass die Verantwortlichen fleißig waren und das Gerbhaus gesichert wurde. Das ist jedoch nicht der Fall — und zwar seit Jahren.
Fakt ist: Es hat ersichtlich keine Ersatzvornahme stattgefunden, denn sonst hätte man das Dach im Rahmen einer solchen Maßnahme geschlossen. Das wurde es aber nicht. Wenige Sätze weiter rudert Pilger dann auch zurück: „Soweit uns bekannt ist, wurde die Ersatzvornahme angedroht.“ Wie passt das zu der obigen Aussage?
Einmal hat sie, die Ersatzvornahme, stattgefunden, dann wieder nicht — sieht so die Argumentation der Stadt aus? Der Eindruck, der erweckt wird, ist eher chaotisch. Bestärkt wird er durch die Aussage Pilgers, dass erstmalig eine Begehung im Winter (2020/2021) stattgefunden habe. Man hat also, seitdem das Gebäude Thema im Bacharacher Stadtrat behandelt wird, offensichtlich knapp fünf Jahre für eine Inaugenscheinnahme gebraucht.
Pilger meinte in der AZ: „Es ist einfach nicht wahr, dass sich nichts tut!“ Vielleicht tut sich ja tatsächlich etwas — wenn aber eine Begehung das einzige Resultat innerhalb von fünf Jahren ist, dann klingt das nach wenig. Ein wirkungsvoller Einsatz für dieses gefährdete Denkmal Bacharachs sieht anders aus.
Die Stadtplanerin Broghammer-Conrads behauptet in dem Artikel, dass ohne die Einwilligung der Eigentümer weder die Stadt oder die Verbandsgemeinde noch der Kreis oder die Denkmalpflege eingreifen dürften. Das ist nicht mal verwirrend, es ist schlichtweg falsch. Das rheinland-pfälzische Denkmalschutzgesetz lässt nach § 14 eine sogenannte Ersatzvornahme zu, die gerade in solchen Fällen greift, in denen Eigentümer sich nicht kümmern.
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine Stadtplanerin in einer Denkmalstadt wie Bacharach keine Kenntnis der einschlägigen Vorschriften des Denkmalrechts hat. Was mag sie bewegen, den Sachverhalt trotzdem so darzustellen? Will man Verwirrung stiften?