Letzte Woche erreichte uns eine gute Nachricht: Das Ahrenshooper Kleinhempel-Haus dürfte gerettet sein. Ich hatte die Telefonnummer der AktivistInnen vor Ort eher durch Zufall herausgefunden und dort angerufen. Und dann kam gleich im zweiten Satz die gute Nachricht! Glück gehabt?!
Ja, vermutlich war es nur Glück, dass ich von dieser positiven Wendung erfahren habe. Ich hatte in der Hoffnung auf mehr Informationen immer mal wieder nach „Ahrenshoop Kleinhempel“ gegoogelt. Die Suchmaschine listete mehrere Ergebnisse aus dem November 2019. Der Tenor aller Meldungen:
Das Kleinhempel-Haus kann abgerissen werden.
Nun hat sich die Situation gedreht — aber die bedrückenden Abrissankündigungen stehen internet-medial nach wie vor im Vordergrund. Ich sehe darin nicht nur ein lokales, sondern vor allem ein generelles Problem: Unsere Szene hat wenig Sichtbarkeit bezüglich positiver Nachrichten.
Aufgeben wegen Falschinformation?
Wer lediglich die veralteten Abrissnachrichten zum Kleinhempel-Haus findet, die oder der wird frustriert sein und denken: Wir werden es nie schaffen, den Abriss solcher Bauten zu verhindern. Wozu also sich beteiligen?
Dieser Gedanke ist natürlich nachvollbar — aber eben auch falsch. Er ist bedrückend demotivierend und hilft unserem Anliegen nicht weiter. Der einfache Schluss aus dieser Sachlage lautet: Wir müssen etwas anders machen. Aber was?
Wir müssen uns kümmern!
Zuerst einmal: Es muss sich jemand um gefährdete Bauten auch ausserhalb der eigenen Region kümmern. Jemand, der sich um des Kümmern wegens kümmert. Der Grund liegt auf der Hand: Wenn jede lokale Initiative sich erst einarbeiten muss in die Möglichkeiten, die zur Rettung zur Verfügung stehen und worauf man im Detail achten sollte, dann muss das Rad wieder und wieder erfunden werden. Und dabei werden auch Versäumnisse nicht ausbleiben.
Im Rahmen dieses „Kümmerns“ muss auch darauf hingewirkt werden, dass die Kommunikation über ein Projekt Minimalanforderungen genügt — Erfolgsmeldungen gehören natürlich dazu.
Der Besteckkasten
Diese Rolle des Kümmerers hat die IRHB nun seit einiger Zeit übernommen. Wir tun, wozu wir im Rahmen unserer immer noch kleinen Gruppe im Stande sind. Dabei kommt es uns darauf an, ein Handwerkszeug — ich nenne es gerne unseren Besteckkasten — zu entwickeln, das als Anregung und Entscheidungshilfe für AktivistInnen dient, Zusammenhänge verdeutlicht, Abläufe vereinfacht und bei der Rettung historischer Bauten als Standard-Angebot genutzt werden kann.
Teil des Besteckkastens muss auch sein, die AktivistInnen zu offener und transparenter Kommunikation anzuregen — und hierzu gehört es eben auch, ein Projekt medial zu begleiten und sich nach einer erfolgreichen Rettung nicht beruhigt zurückzulehnen. Nein, es warten viel UnterstützerInnen darauf, die guten Nachrichten zu erfahren. Und noch wichtiger: Wir alle sollten Mut und Zuversicht verbreiten.
Machen wir uns nichts vor: Ein Grossteil unserer Arbeit ist es, auf wunderschöne, aber vom Abriss bedrohte oder auf manchmal doch recht trist wirkende, weil seit Jahren vernachlässigte Bauten hinzuweisen. Das sind definitiv keine guten Nachrichten! Und wenn ein bedrohtes Gebäude gerettet werden konnte, dann ist es keine gute Idee, das nicht zu veröffentlichen.
Gute Nachrichten aus Oberkotzau!
Um so mehr hat es mich gefreut, als wir vor einiger Zeit einen Hinweis aus Oberkotzau in Bayern bekamen, der genau das war, was wir benötigen: eine gute Nachricht. Dort hatte sich ein Verein gegründet, der die Instandsetzung des historischen Bahnhofs zum Ziel hat. Rührige Menschen haben tolle Pläne für das Gebäude, mit dem ein „Investor“ so umgegangen ist, dass der heutige Zustand mindestens als sträflich vernachlässigt bezeichnet werden muss.
Dieses Projekt zeigt, dass engagierte Menschen etwas erreichen können. Es macht Mut und setzt den Bedrohungen und Schreckensmeldungen, mit denen wir sonst meist zu tun haben, etwas Positives entgegen. Deshalb haben wir uns entschieden, auch gerettete Bauten in unsere Liste aufzunehmen, wenn es eine erzählenswerte Geschichte dahinter gibt. Oberkotzau wird der erste Eintrag dazu sein — wir werden ihn in Kürze veröffentlichen.
Damit schaffen wir eine weitere, wichtige Facette unserer Arbeit: Motivation. Dabei können auch all diejenigen mithelfen, die ein Projekt zum Erhalt eines bedrohten Gebäudes erfolgreich durchgeführt haben.
Wir brauchen gute Nachrichten. Es gibt sie. Wir müssen sie nur finden und bekannt machen.
Den „Investoren“ in unsere Abrisskultur wird das nicht gefallen.